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Emotionen wecken, Verbundenheit erzeugen
„Wir müssen mutig sein und ausprobieren, uns betrachten – kritisch, aber auch selbstbewusst“, sagt Bernd K. Jacob. Der studierte Kommunikationsdesigner ist seit 1992 in der Markenwerbung tätig. 2019 wurde er zum Friedhofsbeauftragten für den Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg berufen. Mit 50 Friedhöfen, die unterschiedlicher kaum sein könnten – vom dörflichen Baumkreis über Gottesäcker mit Seeblick bis zu städtischen Parkanlagen mit historischer Architektur – stellt sich der Kirchenkreis dem norddeutschen Wettbewerb in der heutigen Bestattungsbranche und nutzt die breite Klaviatur der Öffentlichkeitsarbeit. Dabei beschreitet er auch schon mal ungewöhnliche Wege: Unvergessen – die „Löffel-abgeben-Aktion“, mit der der Friedhof Lauenburg vor ein paar Jahren auf sich aufmerksam gemacht hat. Damals wurden Flyer ausgereicht, neben Informationen über den Friedhof und Vorsorge, war auf ihnen ein Löffel befestigt. Auch mal Traditionen brechen, zeitgemäße Formen finden, darum gehe es, sagt Jacob. Dass der Lauenburger Friedhof eine eigene Facebook-Seite hat, verwundert da nicht. „Wir müssen auch die kommenden Generationen im Blick haben, die nicht die aktuellen Entscheider sind. Wir können Zeitgeist zeigen“, findet er. Dieses Selbstbewusstsein kommt nicht von Ungefähr: „Es ist so vielfältig, was Friedhöfe bieten können, mit Pflanzen, Aromen, Farben und Formen, Flächen, Räumen und Skulpturen. Wir können Emotionen wecken, diese positiv belegen – Verbundenheit erzeugen. Starre Regeln aufbrechen, zeigen, wie schön bunt die Schöpfung ist und wie wir damit unser Leben, aber auch den Tod gestalten können. Aufmerksamkeit heißt die Chance, ein Stück Heimat zu erhalten und Hoffnung zu geben – nicht nur für uns selbst.“
Die traditionelle Rolle der Kirche in Sachen Beerdigung hat sich in den Köpfen der meisten Menschen aufgelöst, und doch hat die Kirche, mit ihrem Angebot der aktiven Friedhöfe in eigener Trägerschaft und dem dazu begleitenden Seelsorgepotential hier noch immer ihre
Kernkompetenz. „Unsere ganze Tradition, unser gesellschaftliches Denken, beruhen auf den Ereignissen die kurz vor und nach dem Tod Jesu passiert sind, und die die Bibel bildlicher nicht beschreiben könnte“, sagt Jacob, „aber Bestattung ist heute ein wirtschaftsorientiertes Geschäft, die Möglichkeiten Abschied zu nehmen oder Ruhe zu finden sind so vielfältig und individuell wie das Leben selbst.“
Der Wunsch nach Individualismus und Gemeinschaft wird seit jeher
ermöglicht. Jedoch verändert sich der Blick auf das Dienstleistungsangebot. Der gesellschaftliche Bedarf an Besonderheit, zwischenmenschlichen Werten und positiven CO2-Bilanzen könne (und müsse) von den Friedhöfen besser bedient, die vorhandenen Angebote entsprechend nach außen getragen werden, damit es nicht die Werbung der Mitbewerber sei, die auf sympathische Weise das Thema auf die Tagesordnungen der Familien bringe, sagt Jacob und kommt auf Wald- und Seebestattungen zu sprechen. „Marktwirtschaftlich sind beide Formen die logische Konsequenz aus den anonymen Urnenfeldern, die wir selbst vor vielen Jahren als bundesrepublikanisch schlichte Alternative zum großen Beerdigungsbohei ins Leben gerufen haben“; an den Kosten allein, ist er überzeugt, könne es aber nicht liegen, dass sie sich so großer Beliebtheit erfreuten, „denn rechnet man ein mehrfach belegbares Urnenwahlgrab in einzelne Bestattungen um, ist das preislich durchaus interessant“.
„Ich sehe für uns gute und spannende Chancen, das Kulturgut Friedhof attraktiv zu halten, Trauer, Hoffnung und Erinnerung zwischen den Generationen zu platzieren“, sagt Jacob. Dazu, führt er aus, müsse man den Blickwinkel aber auch mal ändern, einen Schritt zur Seite treten, mit den Teams auf den Friedhöfen zusammen reflektieren, was man habe, und was erwartet werde, mit den Seelsorgern und Theologen Themen gestalten und immer wieder neue Motivation finden.
Motiviert ist Jacob und sieht im Friedhof auch Heimat, also einen Ort, der Erinnerung wertvoll macht, Hoffnung erwachen lässt, Geschichten lebendig hält, ein Platz der Begegnung für alle Generationen. „Abschied gehört zu unserem Leben, wie Ankommen, Taufe und Hochzeit, Sterben, Tod und Friedhof … Eine Themenkette über die ich reden möchte, zusammen mit Seelsorgern, Hospizvereinen, Palliativeinrichtungen, Naturschützern, Kliniken, Seniorenresidenzen, aber auch mit Schulklassen und Freundeskreisen“, so Jacob.
Bernd K. Jacob
Friedhofsbeauftragter des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg
Mitglied im VFD