Unsere Geschichte

Im Dezember 1903 gründete eine Reihe von Friedhofsverwaltern in Leipzig den Verband der Friedhofsbeamten Deutschlands. Den Gründern des Verbandes war klar, dass es nicht nur einheitliche Ziele, sondern auch vielfältige regionale Unterschiede zu berücksichtigen galt.

Schon vorher gab es Interessenvereinigungen von Friedhofsverwaltern. Aus Berlin ist eine Zusammenarbeit aus dem Jahre 1812 bekannt, ein eigener Verein wurde im Jahre 1888 gegründet. In Leipzig wurde 1903 „Der Friedhofsbote“ herausgegeben und gleichzeitig zu einer Vereinsgründung aufgerufen. Dass sich der Verband just zu dieser Zeit gründete, war nicht zufällig. Vor 1900 wurden kirchliche Friedhöfe meist von Gärtnern gegen Zahlung einer Pacht betrieben.

Mit der Zunahme von Friedhöfen in kommunaler Trägerschaft, aber auch bei größeren kirchlichen Friedhöfen wurden nach 1900 veränderte Bewirtschaftungsformen eingeführt.

Überschüsse aus der Verbandszeitschrift „Der Friedhof“, die 1905 erstmals erschien, sollten „zu einer immer besseren und vollkommeneren Ausgestaltung, aber auch zur kostenlosen Schaffung von Sterbe- und Unterstützungskassen für hilfsbedürftige Friedhofsbeamte und deren Hinterbliebenen Verwendung finden“, wie es in Selbiger hieß. Kollegen wurden aufgefordert, in Betracht kommende Firmen auf das Inserieren im Verbandsblatt hinzuweisen, gebeten, sich bei Einkäufen auf die Annoncen zu beziehen, damit die Firmen auch wissen, dass ihre Inserate Erfolg haben. „Damit nützt ein jeder in ganz besonderem Maße unseren Verbandseinrichtungen und indirekt auch sich selbst.“ Vom 1. Januar 1906 an war die „Sterbe-Unterstützungskasse“ wirksam. Bis dahin war „Der Friedhof“ mehr als 20-mal erschienen.

In den ersten Verbandsjahren standen auch Ziele wie die Abschaffung der Beisetzungen an Sonn- und Feiertagen im Programm. Daneben fühlte sich der Verband stets für die Weiterbildung seiner Mitglieder verantwortlich. Auch der Einsatz von technischen Hilfsmitteln auf Friedhöfen war ein stetiges Thema. 1912 wurde die auch heute noch bestehende Gartenbau-Berufsgenossenschaft begründet. Die enge Zusammenarbeit fand ihren Niederschlag in der Verbandszeitschrift, die ab 1914 den Untertitel als offizielles Publikationsorgan der Gärtnereiberufsgenossenschaft führte.

Zu einem ersten entscheidenden Einschnitt kam es im Ersten Weltkrieg und in den Jahren danach. In den Kriegsjahren selbst waren viele Friedhofsverwalter an der Front. Die sich daran anschließenden wirtschaftlichen Notjahre hatten beträchtliche Auswirkungen auf die Friedhöfe. So kam es zu Streiks und Auseinandersetzungen zwischen Streikposten der Friedhofsarbeiter, Friedhofsbeamten und Hinterbliebenen, die zum Ausheben und Zuwerfen der Grüfte ihrer Toten herangezogen werden mussten. Die Arbeit des Verbandes war stark eingeschränkt. Ab 1924 begannen sich die Verhältnisse zu verbessern. Die Auseinandersetzungen mit der begonnenen Friedhofsreform bestimmten insbesondere auf den Friedhöfen der Großstädte, aber auch auf den nunmehr wieder regelmäßig durchgeführten Verbandstagungen die inhaltliche Arbeit.

Die tägliche Arbeit der Friedhofsverwalter ähnelte in vielen Fragen dem heutigen Berufsalltag. Rechtliche Fragen nahmen einen breiten Raum ein. Daneben waren zum Beispiel Diebstahl von Pflanzen und Blumen auf Friedhöfen oder Vandalismus auch immer wieder Gegenstand der Berichterstattung. Überrascht wird man auch sein, wenn man die vielfältigen Ausführungen zu Fragen des Steuerrechtes, hier insbesondere des Umsatzsteuerrechtes und zu Fragen der gewerblichen Tätigkeit auf Friedhöfen, liest. Darüber hinaus wurde auf die Erhöhung des fachlichen Niveaus der Mitglieder stets besonderer Wert gelegt. Mitglieder unseres Verbandes waren es auch, die 1929 erreichten, dass es in einzelnen Orten eine Prüfungskommission für Friedhofsverwalter gab.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde immer deutlicher, dass auch der Friedhof kein geschützter Ort gegen den Versuch vielfältiger nationalsozialistischer Einflussnahme war. Die angeordnete Gleichschaltung der Verbände zwang zu raschem Handeln. Die Aufgaben des Verbandes wurden neu definiert, eine Satzung erarbeitet, die im Wesentlichen eine Fortsetzung der früheren Arbeit darstellte, aber auch die sich aus den neuen staatlichen Gesetzen ergebenden Änderungen widerspiegelte, zum Beispiel, dass Mitglieder arischer Abstammung sein mussten, dass die Wahl eines Verbandsführers auf unbestimmte Zeit zu erfolgen hatte und dass die Leitung des Verbandes nach dem Führerprinzip zu gestalten war. Der Verband benannte sich in dem Zuge auch um – aus Friedhofsbeamten wurden Friedhofsverwalter. Diese Zurückführung auf eine fachliche Vereinigung hat verhindern können, dass er in einen anderen nationalsozialistischen Verband oder Bund zwangseingereiht wurde.

Im Oktober 1938 sollte der Verband per richterlicher Anweisung mit sofortiger Wirkung aufgelöst und das Verbandsvermögen der Deutschen Arbeitsfront zugeführt werden. Der Vorstand erhob Einspruch: Er versuchte im Ministerium des Innern, beim Deutschen Gemeindetag, der Reichskulturkammer, ja selbst bei der Gestapo die Rücknahme des Verbots zu erreichen. Ein Jahr dauerte der Kampf. Die Arbeit in den Gruppen der Regionen ging derweil weiter. Dann kam das Aus. Der langjährige Vorsitzende Oskar Kasmale musste die Auflösung des Verbandes bekanntgeben.

Die Jahre des Krieges von 1939 bis 1945 ließen einen normalen Friedhofsbetrieb kaum noch zu. Alle wehrpflichtigen Männer waren im Krieg, die arbeitsfähigen Frauen mussten in der Industrie die fehlenden Männer ersetzen. Für die Friedhöfe bedeutete es, mit sonst nicht arbeitsfähigen Menschen zu versuchen, die Arbeiten zu bewältigen. Auf das gesamte Erscheinungsbild der Friedhöfe blieb all das nicht ohne Folgen. Luftangriffe und Kampfhandlungen führten zum Teil zu schweren zusätzlichen Schäden. Der Krieg war zwar 1945 zu Ende, die Folgen aber blieben. Eine große Anzahl an Bestattungen war auch in den folgenden Jahren nur unter schwierigen äußeren Bedingungen zu bewältigen. Die Sorge um die elementaren Lebensbedürfnisse hatte Vorrang vor allem anderen. So wurden auf nicht belegten Friedhofsflächen Gemüse und Kartoffeln angebaut, Kleintierhaltung gehörte ebenso dazu.

Trotzdem gab es recht bald Anzeichen unter den Friedhofsverwaltern, die Zusammenarbeit wieder zu organisieren. Ab 1949 erschien auch wieder die Zeitschrift „Der Friedhof“.

1950 wurde die Verbandsarbeit wieder aufgenommen und der Verband der Friedhofsverwalter Deutschlands in Wuppertal erneut gegründet. Die damals beschlossene Satzung baute inhaltlich im Wesentlichen auf der Satzung von 1934 auf. Neben dem Einfluss auf die Gestaltung der Friedhöfe waren es auch immer wieder soziale Belange der Mitglieder, die die Arbeit des Verbandes prägten. Durch die Teilung Deutschlands, insbesondere jedoch durch den Mauerbau 1961, war die direkte Arbeit des Verbandes auf das damalige Territorium der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin beschränkt. Mit der Wiedervereinigung 1990 war dann eine Arbeit wieder in ganz Deutschland möglich. Die Erfahrungen in den alten Bundesländern konnten nun auch für den Aufbau in den neuen Bundesländern dienen. Das lief und läuft nicht ohne Komplikationen ab. Darüber hinaus gibt es heute gesellschaftliche Entwicklungen, die für alle auf dem Friedhof Tätigen neue Herausforderungen darstellen.

(aus Beiträgen, die anlässlich des 100-jährigen Verbandsbestehens erschienen sind, von Dirk Thiele und Johann Weber)