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Bäume für die Zukunft

Die Hopfenbuche – Fachleute nennen sie Ostrya carpinifolia – hat bereits gezeigt, was sie kann. Sie steht als Allee auf dem Friedhof Windischholzhausen, einem Erfurter Stadtteil. „Die Bodenverhältnisse dort sind eher ungünstig, und der Standort sehr trocken, vollsonnig“, sagt Evelin Schlag vom Garten- und Friedhofsamt Erfurt. Die Hopfenbuche aber, sie verträgt’s. Und das schon seit Jahren. Was in Windischholzhausen funktioniert, wird inzwischen auch auf den anderen Erfurter Oststeilfriedhöfen erprobt. In einer gut vorbereiteten Pflanzaktion wurden im März und November 2019 auf zehn Friedhöfen 30 Bäume in 10 Arten gepflanzt. Darunter auch Hopfenbuchen. Sie stammen aus einem Feldversuch neuer klimaneutraler Laubbäume auf dem Gelände des Lehr- und Versuchszentrums Gartenbau (LVG) in Erfurt und haben sowohl als Solitärbäume als auch in Baumreihen und Alleen an Haupt- und Nebenwegen oder in Rasenflächen wichtige Aufgaben erhalten.

Die Auswirkungen der deutlich veränderten Klimabedingungen zeigen sich auch auf Friedhöfen und stellen Friedhofsbetreiber vor neue Herausforderungen. „Starkregen und Staunässe, zunehmende Sturmereignisse, extreme Hitzephasen mit viel zu geringen Niederschlagsmengen, milde Winterperioden, die Schädlinge nicht mehr dezimieren, oder auch neue, jetzt klimatisch begünstigte und auf geschwächte Bäume treffende Pflanzenparasiten drängen uns zum Handeln“, erklärt Schlag.

Zum einen gehe es um die Sicherung und den Erhalt vorhandener Pflanzbestände, andererseits darum, Bäume ausfindig zu machen, die mit den sich verändernden Umweltbedingungen gut zurechtkommen, so Schlag. Denn sie sind Lebensraum und Schattenspender. Auch die gestalterischen Funktionen von Einzelbäumen, Baumrastern, -reihen und Alleen ist nach wie vor von Bedeutung und zu erfüllen.

Die Erfurter setzen auf Arten- und Sortenvielfalt, um Ausfälle zu begrenzen und die Biodiversität auf den Friedhöfen weiter zu erhöhen. „Die Bodenbedingungen sollten optimal gestaltet werden“, so könne auch ein vermeintlicher „Klimaschaden“ durch eine nicht DIN-gerechte Pflanzung ausgeschlossen werden, erklärt sie.

Neben der Hopfenbuche wurden folgende Bäume gepflanzt: Echte Pavie (Aesculus pavia), Kolchischer Spitz-Blut-Ahorn (Acer cappadocicum) und Dreizähniger Ahorn (Acer buergerianum), Amberbaum (Liquidambar styraciflura), Schwarzer und Roter Maulbeerbaum (Morus nigra bzw. rubra), Amerikanisches Gelbholz (Cladastris lutea), Südlicher Zürgelbaum (Celtis australis) und Japanische Zelkove (Zelkova serrata). Und weitere Baumpflanzungen sollen folgen. Den Initiatoren schwebt vor, einen Lehrpfad anzulegen und die Standtorte so zu verbinden. Die Jungbäume seien mit Baumpfählen versehen worden und hätten über die regelmäßigen Gießgänge hinaus während der Hitzeperioden noch zusätzliche Wassergaben erhalten, erklärt Schlag. „Aus Schaden klug geworden, haben wir allen Jungbäumen einen reflektierenden weißen Schutzanstrich gegeben, um Stammschäden durch „Hitzestrahlung vorzubeugen“, sagt sie.

Mitarbeiter des LVG werden in den Folgejahren die Entwicklung und den Gesundheitszustand der Bäume beobachten, dokumentieren und auswerten. Nicht nur in Windischholzhausen hat Schlag bereits gute Erfahrungen mit klimaverträglichen Bäumen gemacht: Auf einem anderen Erfurter Friedhof wurde mit Acer campestre „Elsrijk“, einer Sorte vom Feldahorn, gearbeitet. Er säumt dort die gesamte Hauptallee – und zeigt noch keinen Ausfall. Krone und Gesamthabitus sind ebenfalls als mittelgroß einzustufen und mit dem nun schon über zehn Jahre alten Baumbestand bietet die Allee bereits einen sehr guten Schatten aus, der den Friedhofsbesucher besonders an den heißen Nachmittagsstunden gute Aufenthaltsqualität bietet. Auch in der Wurzelentwicklung gibt es bezüglich der umliegenden Grabbelegung – mindestens 2,50 Meter Abstand sind grundsätzlich einzuhalten – oder des Wegeaufbaus keinerlei Probleme.

Evelin Schlag
Sachgebietsleiterin im Garten- und Friedhofsamt Erfurt
Mitglied im VFD

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