Herzlich willkommen

Laut einer Studie der Princeton University aus dem Jahr 2006 benötigen Menschen nur 1/10 Sekunde, um sich einen ersten Eindruck von einem Menschen zu verschaffen. Innerhalb von 7 Sekunden haben wir bereits ein umfassendes Bild von einer Person, einschließlich ihrer Persönlichkeit, Intelligenz, Attraktivität und Vertrauenswürdigkeit. Dieser erste Eindruck wird oft zumeist unbewusst und intuitiv gebildet und ist im Nachhinein nur schwer zu korrigieren.

Man stelle sich einmal vor, man wäre irgendwo neu eingeladen, und das Erste, was man zu hören bekäme, wäre: „Halt die Klappe und benimm dich ordentlich!“ Und das alles, ohne dass man irgendwie begrüßt oder gar freundlich empfangen worden wäre. Meine Reaktion darauf wäre klar: Ein solcher Gastgeber wäre bei mir unten durch und wahrscheinlich würde ich mich sofort umdrehen, und wieder gehen.

Das gibt es doch gar nicht, denken Sie? Dann kennen Sie aber unsere Friedhöfe schlecht! Denn genau so verfahren viele Verwaltungen: Das Erste, was Friedhofsbesuchende nämlich in der Regel zu sehen bekommen, sind lauter Ge- und Verbote unter der Überschrift „Friedhofsordnung“. Ein „Herzlich willkommen, schön dass Sie da sind!“ sucht man vergebens.   

Das ist schlimm, sehr schlimm sogar. Nicht nur, dass eine solche „Nicht-Begrüßung“ schlicht kultur- und stillos ist – sie ramponiert auch das Image nachhaltig. Wie die Princeton- Studie

zeigt, verfestigt sich dieser erste negative Eindruck langfristig und ist nur mit großem Aufwand zu korrigieren. Er trägt dazu bei, dass sich Menschen vom Friedhof abwenden und anderswo letzte Ruhestätten suchen. Der Verband der Friedhofsverwalter begrüßt so ausdrücklich die Initiative zu einer neuen Willkommenskultur auf Friedhöfen, die von allen wichtigen Friedhofsakteuren mitgetragen wird. 

Das Paradoxe an den Friedhofsordnung-Schildern ist: Vielerorts bemühen sich die Menschen, die für den Friedhof arbeiten, intensiv um eine gute Beziehung zu den Grabnutzenden und zu den Besuchenden: Die Akteure der Friedhofsverwaltungen und auch die Mitarbeitenden vor Ort sind freundlich, zugewandt und hilfsbereit – und ganz und gar nicht abweisend oder pedantisch preußisch. Die Ge- und Verbotsschilder vermitteln also ein völlig gegenteiliges Bild – und gehören auch deshalb schnellstmöglich abgeschafft.

Zu Wahrheit gehört aber auch: Neue Willkommensschilder bringen nichts, wenn sie nicht von einer positiven, menschenorientierten und dienstleistenden Haltung getragen werden. Aber auch darin liegt in dieser Initiative eine Chance für uns Friedhofsverwaltende – nämlich unsere Rolle und unser Kundenverhalten zu reflektieren. Es gilt, sich darüber klar zu werden, wie wir mit unseren Besuchenden kommunizieren und wie wir wahrgenommen werden wollen.

Ich persönlich freue mich über jeden, der unsere Friedhöfe besucht. Und deshalb ist für mich klar, dass es künftig auch bei uns klar und gut sichtbar heißen wird: Herzlich willkommen!

Uwe Brinkmann 

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