Gewinn durch gelebte und gelungene Integration

Es ist eine gute Nachricht: Immer mehr Muslime lassen sich auf unseren Friedhöfen bestatten. In Berlin geht man so beispielsweise davon aus, dass künftig bis zu 70 Prozent der Verstorbenen mit muslimischen Hintergrund auf den Friedhöfen der Stadt ihre letzte Ruhestätte finden und nur noch 30 Prozent eine Rückführung in die alte Heimat wünschen.

Die Zahlen zeigen, dass immer mehr Menschen vor allem der türkischen Community ihre Heimat bei uns gefunden haben – denn genau das steht hinter Wunsch, hier in Deutschland begraben zu werden: gelungene Integration. Es sind vornehmlich die Einwanderer der ersten Generation, die sich zurückführen lassen. Ihr Kinder und Enkelkinder, die hier geborenen, aufgewachsenen uns sozialisierten wurden, möchten hingegen auch hier begraben werden.

Die Friedhofsverwaltungen in Deutschland stellt dieser Wandel vor mannigfaltige Herausforderungen. Dabei geht es nicht nur um die praktischen Anforderungen einer muslimischen Beisetzung wie das Ausweisen spezieller Grabfelder, die Ausrichtung gen Mekka auf Allah oder Beisetzung im Leichentuch. Allem voran ist zu klären, wie die muslimischen Bestattungs- und Trauerritualen in unsere christlich-abendländisch geprägte Friedhofslandschaft integriert werden sollen.

In unseren Friedhofsstrukturen bedeutet dies in jedem Fall Mehrarbeit und großes Engagement für die Verwalterinnen und Verwalter. Es ist nicht nur Umdenken gefragt, sondern es gilt beispielsweise auch Konflikte zu moderieren und neue Lösungsansätze zu finden. Hier braucht es ohne Zweifel mehr und besondere Unterstützung von Seiten der Träger, und zwar nicht nur in Form von Verständnis, sondern vor allem in Form handfester Ressourcen. Das gilt nicht nur in Bezug auf Planung und Investitionen, sondern auch in Bezug auf Weiterbildung und Kommunikation. Dabei sind besonders kleine Friedhöfe und solche im ländlichen Raum in den Fokus zu rücken, wo die gesellschaftlichen Änderungen noch nicht durchgeschlagen sind. Aber unabhängig vom Ort ist eines klar: Integration ist auch auf dem Friedhof nicht zum Nulltarif zu haben!

Der Einsatz allerdings lohnt in vielerlei Hinsicht, gesellschaftlich wie kulturell, vor allem aber auch finanziell: Dank des mittlerweile doch großen Bevölkerungsanteils erschließen muslimischen Grabfelder viele neue potentielle Nutzende, für die noch dazu nur Körper- und keine Feuerbestattungen in Frage kommen.

Für Muslime sind nicht nur die religiösen Vorschriften des Korans entscheidend. Vor herausragender Bedeutung ist „Tradition“, besonders in Bezug auf die Bestattung. Wenn sich also das erste angesehen Mitglied einer Familie auf einem hiesigen Friedhof beisetzen lässt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass viele weitere Familienmitglieder folgen und so eine neue Tradition gründen. Es lohnt sich also, sich um jede einzelne muslemische Beisetzung zu bemühen. Die entscheidende Schnittstelle ist übrigens der muslimische Bestatter – mit ihm den Austausch zu suchen, ist so in jedem Fall wichtig.

Wenn Muslime unsere Friedhöfe annehmen, dann entsteht eine großartige Win-Win-Situation: für die Gesellschaft, die Kultur, die Menschen – und nicht zuletzt für die Friedhöfe selbst!

Uwe Brinkmann, Stellvertretender Vorsitzender

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