Foto © Jule Roehr

5 Jahre Erbe Friedhofskultur:

Orte der Kultur und der Menschlichkeit

Anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Friedhofskultur als Immaterielles Kulturerbe veranstalte das Kuratorium Immaterielle Erbe Friedhofskultur zusammen mit dem deutschen Kulturrat ein kulturpolitisches Gespräch in der Turrell-Kapelle auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte. In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Deutschland und Deutschlandradio diskutierten Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der EKD, Britta Behrendt, Staatssekretärin für Klimaschutz und Umwelt Berlin, Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats und Kuratoriums-Geschäftsführer Tobias Pehle über die Friedhofskultur. 

Kirsten Fehrs stellte dabei vor allem das Trauern und Erinnern in den Fokus: „In Bezug auf die Kultur der Menschlichkeit geht es auf Friedhöfen tatsächlich darum, immer berührbar zu bleiben. Es ist ein Ort, der Gemeinschaft schafft, der zeigt, dass ich mit der Trauer nicht allein bin. Das ist eine enorme Kraft, die in diesem Kulturort steckt.“ Zugleich betonte die Bischöfin, dass es an diesem Ort um Respekt, um eine Würdigung der Menschen geht: „Es ist nicht mehr klar, dass Emotionen, dass Weinen, dass Trauer –  Gefühle, die heute in der Kategorie „Loosen“ stehen  – zum Menschsein dazugehören und all das an diesem Ort eine Berechtigung bekommt.“ Sie selbst besuche sehr gerne Friedhöfe, denn: „Ein Friedhof in der Stadt ist auch ein Friedensort, der Lärm der Außenwelt kommt auf einem Friedhof zur Stille.“ 

Der Geschäftsführer des Spitzenverbands der Deutschen Kulturverbände, Olaf Zimmermann, betonte die Besonderheit von Friedhöfen, die mit keinem anderen Ort vergleichbar wären: „Sie sind nicht nur als Kulturorte, nicht nur als Naturorte, nicht nur als Orte des persönlichen Gedenkens zu sehen, sondern das Konglomerat aus all dem, was man nirgendwo anders findet.“ Ein Herzensanliegen ist ihm die Identifizierbarkeit von Gräbern: „Für mich ist das Besondere an einem Friedhof auch der Name an einem Grabstein. Das ist für mich eine kulturelle Frage. Kulturentwicklungen haben auch etwas damit zu tun, dass Menschen beim Namen genannt werden, auch an dem Ort, an dem sie beerdigt worden sind. Und genau das ist für mich Friedhof.“  Wenn wir über die Zukunft von Friedhof redeten, fände er es auch wichtig aufzuzeigen: „Wer liegt denn dort? Was hat den Menschen ausgemacht? Das fände ich total spannend.“

Staatssekretärin Britta Behrendt, in deren Zuständigkeitsbereich die Berliner Friedhöfe fallen, nahm die Veränderungen der Friedhofskultur in den Blick: „Wenn wir uns die Geschichte anschauen, dann haben sich die Rituale stets verändert. Früher haben sogar Märkte auf den Friedhöfen stattgefunden. Es gibt einen stetigen Wandel, und wir sind ein Teil davon.“ Diesen Wandel sähe man auch auf den Friedhöfen in dieser sehr multikulturellen Stadt: „Es ist schön zu sehen, dass immer mehr Menschen, die aus muslimischen Ländern kommen, zunehmend in Berlin begraben werden wollen, weil es ihre Stadt ist, ihre Heimat. Das ist eine sehr gute Botschaft für uns alle, denn das sagt sehr viel über das Ankommen.“ Zugleich betonte die gelernte Juristin auch, wie wichtig es sei, sich auf Friedhöfen gegenseitig mit Respekt zu begegnen.

Auch Tobias Pehle setzte den Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung dieser Kulturform: „Friedhofskultur hat auf all das zu reagieren, was sich gerade in unserer Gesellschaft verändert. Unsere Gesellschaft wird bunter, und entsprechend werden auch unsere Friedhöfe bunter.“ Es gelte genauer hinzuschauen, was Menschen an Wünschen und Bedürfnissen hätten, auch in Bezug auf ihren letzten Ruheort und auf Bestattung. „Friedhöfe sind Orte der Lebenden, und Lebende gestalten, nutzen, bespielen den Friedhof.“ Friedhöfe seien so auch ein Abbild all der Menschen, die sich um sie zu kümmern haben. „Und hier sieht man ganz deutlich, wo Kommunen oder Kirchen einen Fokus auf die Friedhofskultur werfen und ihre Verantwortung dafür ernst nehmen. Nichts geht von allein, wir brauchen Engagement, Ideen und vor allem Unterstützung. Zugleich betonte der Geschäftsführer des Kuratoriums: „Friedhöfe sind nicht in einem Tal des Jammerns, sondern sie befinden sich auf einem Hochplateau der Kultur und der Menschlichkeit.

Die knapp einstündige  Diskussion, die von Hans Dieter Heimendahl, dem Kultur-Koordinator des Deutschlandradios, moderiert wurde, ist als Podcast hier nachzuhören.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner